Grundlagen des Malens (und Ausmalens)

Welche Techniken eignen sich für welche Altersgruppen?

Malen ist weit mehr als ein reiner sinnfreier Zeitvertreib – es ist eine grundlegende Fähigkeit, um Kreativität auszudrücken und kognitive sowie motorische Fertigkeiten zu fördern. Insbesondere in der frühkindlichen Entwicklung spielt das Erlernen des Malens eine wichtige Rolle und hat positive Effekte weit über den rein künstlerischen Bereich hinaus. Und früh übt sich, wer später ein kleiner Künstler werden will. Ausmalbilder können hier eine spielerische und leicht zugängliche Art sein, um erste einfache Malversuche zu unternehmen.

Autor: Christoph
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Alle Infos auf einen Blick:

  • Malen ist ein wichtiger Schritt für die kognitive und feinmotorische Entwicklung von Kindern
  • Für jede Altersklasse gibt es passende Techniken und Materialien
  • Malen und Ausmalen lässt sich wunderbar in den Alltag integrieren

1. Einführung in das Malen und Ausmalen

Malen ist unabhängig von den Fähigkeiten des Malenden ein kreativer Prozess, bei dem verschiedene Materialien und Techniken genutzt werden, um mit Farben und Formen Gedanken, Gefühle, Ideen oder Erinnerungen im wahrsten Sinn des Wortes „zu Papier“ zu bringen. Je nach Alter und Übungsstand kann das Ergebnis sehr unterschiedlich ausfallen.

Ausmalen, also das Füllen von vorgezeichneten Konturen, gehört zu einer einfachen und auch für kleinere Künstler gut nutzbaren Form sich kreativ auszudrücken. Hierbei sollte nicht vergessen werden, dass auch beim auf den ersten Blick stupiden Ausmalen durchaus kreative Prozesse umgesetzt werden können. Die geschickte Auswahl von Farben, der Einsatz von Strichmustern oder auch die Erweiterung der vorgegebenen Formen sind Beispiele hierfür.

Unabhängig von der Form des Malens werden neben der ästhetischen Wahrnehmung auch wichtige kognitive und motorische Fähigkeiten gefördert.

Durch ein frühes Heranführen von Kindern an das Thema Malen, lernen diese Farben zu unterscheiden, Formen zu erkennen oder sich mit dem Malen an sich auszudrücken.
Die Auseinandersetzung mit Farben und Formen wiederum bildet eine wichtige Grundlage für die spätere Entwicklung von Problemlösungsstrategien und kreativer Ausdrucksfähigkeit. 

2. Freies Malen versus Ausmalen

Beim freien Malen hat der kleine Künstler alle Freiheiten. Farben, Formen, Motive: alles unterliegt dem kreativen Prozess des Malenden, der sich hier völlig frei entfalten kann. Es ist natürlich auch denkbar, dass bestimmte Dinge vorgegeben werden – beispielsweise, dass Tiere aus Afrika gemalt werden sollen. Wie die Aufgabe erfüllt wird, bleibt aber vollkommen freigestellt, sodass der Malende seinen eigenen Stil, seine eigenen Ideen und Emotionen sowie die eigene Fantasie mit in das entstehende Werk einfließen lassen kann. Diese Form des künstlerischen Ausdrucks fördert die Kreativität und das Selbstbewusstsein.

Im Gegensatz werden beim klassischen Ausmalen vorgegebene Konturen befüllt. Der Fokus liegt hier in erster Linie auf dem Erlernen von Farbverständnis, Hand-Auge-Koordination sowie entsprechender motorischer und kognitiver Fähigkeiten im Kontext des Malens. Das Ausmalen stellt damit eine gute Basis für ein gekonntes freies Malens und generelle Umsetzungsfähigkeit kreativer Ideen dar. Daher eignet es sich besonders für die junge Zielgruppe. Je nach Komplexität können Ausmalbilder aber auch für Erwachsene einen angenehmen Zeitvertreib darstellen. Nicht vergessen werden sollte, dass auch beim Ausmalen einiges an Kreativität mit eingebracht werden kann. 
 

3. Altersgerechte Techniken und Methoden

Die Wahl der richtigen Maltechnik sollte stets an das realistische Entwicklungs- und Fähigkeitsniveau der jeweiligen Altersgruppe angepasst werden. Im Folgenden werden einige Möglichkeiten und deren pädagogische Vorteile für Kinder verschiedener Altersstufen vorgestellt.
 

3.1 Kleinkinder (1–3 Jahre)

Techniken und Materialien:

  • Fingerfarben und breite Pinsel: Für Kleinkinder eignen sich Materialien, die unmittelbar sinnliche Erfahrungen bieten. Fingerfarben ermöglichen es, Farben direkt mit den Händen zu ertasten und aufzutragen.
  • Großflächiges Malen: Techniken, bei denen der ganze Armbewegungen genutzt werden, fördern die grobmotorische Entwicklung und geben den Kindern das Gefühl, Farbe und Raum aktiv zu gestalten.

Pädagogische Vorteile:

  • Sensorische Stimulation: Durch die direkte Interaktion mit Farbe werden taktile, visuelle und kinästhetische Sinne gleichzeitig gefördert.
  • Frühe Kreativität: Der freie Umgang mit Farben unterstützt das Entdecken eigener Vorlieben und bildet die Grundlage für spätere kreative Ausdrucksformen.

Wissenschaftlicher Kontext:
Studien zur frühkindlichen Entwicklung zeigen, dass taktile und visuelle Reize im Zusammenspiel die neuronale Vernetzung fördern. Die sensorische Integration, wie sie beispielsweise in der Arbeit von Eisner (2002) thematisiert wird, bildet eine Grundlage für kognitive und emotionale Entwicklungen.  
 

3.2 Vorschulkinder (3–6 Jahre)

Techniken und Materialien:

  • Ausmalbilder und einfache Buntstifte: In diesem Alter beginnen Kinder, Farben gezielt einzusetzen. Ausmalbilder fördern das Erkennen von Konturen und das Üben von Farbkombinationen.
  • Wasserfarben und Wachsmalstifte: Diese Materialien erlauben experimentelles Arbeiten, bei dem erste Mischtechniken einfach und spielerisch erprobt werden können.

Pädagogische Vorteile:

  • Feinmotorische Förderung: Durch das Ausmalen von Konturen wird die Hand-Auge-Koordination gezielt trainiert und die Kinder lernen Stifte und andere Malutensilien zielgerichtet einzusetzen, was wiederum eine wichtige Voraussetzung für das Erlernen von Schreibfähigkeiten darstellt.
  • Grundlagen der Farblehre: Kinder lernen, wie Farben miteinander harmonieren oder kontrastieren und entwickeln ein erstes Verständnis für Farbkombinationen.

Wissenschaftlicher Kontext:
Die Förderung der Feinmotorik und visuellen Wahrnehmung ist zentral in der frühen Kindheit. Untersuchungen in der Kunstpädagogik zeigen, dass strukturiertes Ausmalen positive Effekte auf die kognitive Entwicklung hat, indem es systematisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten unterstützt.

3.3 Grundschulkinder (6–12 Jahre)

Techniken und Materialien:

  • Erweiterte Ausmaltechniken: Neben dem Ausmalen vorgegebener Formen können Grundschulkinder beginnen, Schattierungen zu einzusetzen, Perspektiven zu erkennen und einfache Farbübergänge zu gestalten.
  • Vielfältige Materialien: Die Nutzung von Buntstiften, Filzstiften, Markern oder Wasserfarben in Kombination fördert das experimentelle Arbeiten und lehrt die Auswahl passender Werkzeuge zur Erreichung der kreativen Ziele.
  • Kombination von freiem Malen und Ausmalen: Erste Ansätze des freien Malens können mit dem strukturierten Ausmalen kombiniert werden, um die Kreativität weiter auszubauen. D. h. die fantasievolle Erweiterung klassischer Ausmalbilder durch eigene Ideen kann ein inspirierender Faktor für die Kinder sein.

Pädagogische Vorteile:

  • Kognitive Entwicklung: Das Üben verschiedener Techniken fördert analytisches und kritisches Denken, indem Kinder lernen, wie unterschiedliche Materialien und Techniken zusammenwirken und zur Umsetzung der gewünschten Ziele richtig eingesetzt werden können.
  • Kreative Problemlösung: Durch das Experimentieren mit Licht, Schatten und Farbmischungen etc. entwickeln Kinder ein besseres Verständnis für visuelle Kompositionen.

Wissenschaftlicher Kontext:
Die Entwicklung kognitiver Fähigkeiten wird maßgeblich durch kreative Tätigkeiten unterstützt. Forschungen im Bereich der visuellen Kognition belegen, dass das Arbeiten mit verschiedenen Maltechniken die visuelle Differenzierung und das Problemlösungsvermögen fördert.  
 

3.4 Jugendliche und Erwachsene (ab 12 Jahren)

Techniken und Materialien:

  • Freies Malen und experimentelle Techniken: Jugendliche und Erwachsene können komplexere Techniken anwenden, etwa das Mischen von Farben, die Verwendung von Acryl-, Öl- oder Gouachefarben sowie digitale Maltechniken. Auch die Verwendung unterschiedlicher Papierarten kann eine lehrreiche Ergänzung darstellen.
  • Integration moderner Medien: Digitale Zeichenprogramme und Mixed-Media-Arbeiten bieten neue Möglichkeiten des künstlerischen Ausdrucks. Des Weiteren werden die Stärken und Schwächen der verschiedenen Medien vermittelt sowie aufgezeigt, dass digitales und analoges Gestalten nicht zwangsläufig voneinander getrennte Welten sein müssen.

Pädagogische Vorteile:

  • Selbstausdruck und Reflexion: Freies Malen wird oft als therapeutisches Medium genutzt, um Emotionen und Gedanken visuell darzustellen, kann aber genauso im nicht-therapeutischen Bereich genutzt werden, um den Kindern und jungen Erwachsenen die Möglichkeiten, sich kreativ auszudrücken.
  • Erweiterung der künstlerischen Fähigkeiten: Der Umgang mit verschiedenen Medien schult die Feinmotorik, fördert das kritische Denken und unterstützt interdisziplinäre Lernprozesse.

Wissenschaftlicher Kontext:
Im höheren Alter spielt das freie künstlerische Schaffen eine wichtige Rolle bei der persönlichen Entwicklung und Selbstausdruck. Kunsttherapeutische Studien und Forschungen zur visuellen Kommunikation belegen, dass künstlerische Aktivitäten auch im Jugend- und Erwachsenenalter zur Stressbewältigung und zur Förderung der mentalen Gesundheit beitragen können.

4. Praktische Empfehlungen für den Unterricht und den kreativen Alltag

Unabhängig vom Alter können Mal- und Ausmaltechniken flexibel in den Alltag integriert werden. Hier einige Tipps:

  • Anpassung der Materialien: Wählen Sie für jede Altersgruppe altersgerechte Materialien. Für Kleinkinder sind Fingerfarben ideal, während Grundschulkinder von einer Kombination verschiedener Stifte und Farben profitieren können. Bei allen Altersklassen sollte auf die Unbedenklichkeit hinsichtlich schädlicher Inhaltsstoffen geachtet werden. Gerade kleinere Kinder nehmen Stifte und andere Materialien auch mal in den Mund. Auch ein Eintrag auf die Haut ist bei noch nicht so geübten kleinen Künstlern häufig.
  • Kreative Projekte: Integrieren Sie sowohl freies Malen als auch Ausmalen in kreative Projekte, um unterschiedliche Fähigkeiten zu fördern. Gemeinsame Projekte, bei denen die Kinder zunächst ausmalen und dann eigene Motive entwickeln, können den Übergang zwischen strukturiertem und freiem Arbeiten erleichtern.
  • Feedback und Reflexion: Fördern Sie den kreativen Prozess, indem Sie Raum für Reflexion und Feedback schaffen. Dies unterstützt nicht nur den Lernprozess, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein.

5. Wissenschaftliche Perspektiven und Forschung

Die Kunstpädagogik und Entwicklungspsychologie liefern zahlreiche Belege dafür, wie wichtig ein altersgerechter Zugang zu künstlerischen Techniken ist. So betont die Forschung, dass:

  • Sensorische und motorische Entwicklung in den frühen Lebensjahren maßgeblich durch kreative Aktivitäten unterstützt wird.
  • Kognitive Fähigkeiten wie Problemlösung und kritisches Denken durch den kreativen Umgang mit Farbe und Form geschult werden.
  • Emotionaler Ausdruck und Selbstreflexion im Jugend- und Erwachsenenalter durch freies Malen und experimentelle Techniken gefördert werden.

Die kontinuierliche Forschung in diesen Bereichen liefert wertvolle Erkenntnisse, die den gezielten Einsatz von Maltechniken im Unterricht und in der therapeutischen Arbeit unterstützen. Universitäre Studien und internationale Forschungsberichte – u. a. die Veröffentlichung „The Arts and the Creation of Mind“ oder aus der OECD-Studie „Art for Art’s Sake? The Impact of Arts Education“ und Arbeiten, die die Entwicklung des Zeichnens bei Kindern thematisieren – untermauern diese Ansätze.

6. Fazit

Malen und Ausmalen sind eine wichtige und wertvolle Beschäftigung für Kinder unterschiedlichen Alters und können sich auf viele verschiedene Aspekte der kindlichen Entwicklung positiv auswirken. Durch die Wahl der für das jeweilige Alter geeigneten Optionen können Kinder gezielt gefördert und ihnen auch immer wieder kleine Erfolgserlebnisse geboten werden. Insgesamt sollte aber immer der Spaß im Vordergrund stehen. Die Lerneffekte kommen dann ganz von alleine. 

Eine regelmäßige Integration von kreativer Beschäftigung sollte daher wie selbstverständlich in den Alltag integriert werden. Das Vorhandensein von verschiedenen Materialien – von Stiften bis zu Ausmalbildern – erleichtert den Zugang und ruft dem Kind diese sinnvolle Möglichkeit der Beschäftigung immer wieder ins Gedächtnis. So kann das Kind bzw. können die Kinder selbst entscheiden, wann und in welcher Form sie sich ausleben wollen.